Kopfschmerzen, Verspannungen, Gelenkschmerzen. All diese Dinge sind im Alltag der meisten allgegenwärtig. Zum Glück kann man gegen Schmerzen Medikamente nehmen, so kann man gleich wieder funktionieren. Was diesen Schmerz auslöst, bleibt aber nach wie vor ein Rätsel.
Kann es so einfach sein?
Ich schwärme gerade meinem Mann von meiner neuen Face Yoga App vor, die ich mir zur Lockerung meiner Kiefermuskulatur geholt habe. Mit diesen Übungen soll man aber auch Fältchen, Augensäcke und Doppelkinn verschwinden lassen können. Das sagen zumindest die Testimonials, denn nach Tag drei kann ich noch nicht viel dazu sagen (ausser, dass eine Gesichtsmassage sehr entspannend und angenehm ist!).
Sein Kommentar dazu: «Wenn es so einfach wäre und man nur mit Gesichtsyoga die Falten verschwinden lassen könnte, dann wären ja alle blöd, die sich ihr Gesicht liften lassen!»
Meiner Meinung nach JA!
Diese kurze Konversation erinnerte mich wieder an all meine Gespräche mit Freunden, Familienmitgliedern oder Kunden. Viele nehmen ihre körperliche Verfassung an, ohne diese zu hinterfragen oder anzuzweifeln. Man weiss, bei Schmerzen kann ich Schmerzmittel nehmen oder zum Arzt gehen. Schmerzen, die nach dem Training wieder vorbei sind, nimmt man einfach so hin. Bei Verspannungen gehe ich zur Massage oder besuche einen Therapeuten. Und wenn ich ein straffes Gesicht haben will gehe ich zum Schönheits-Chirurgen. 😉
Die Ausrede «das ist eben das Alter»
«Das ist eben das Alter» oder «Schmerzen gehören zum altern dazu», sind gängige Aussagen von Ü30gern. Wer sagt denn, dass altern schmerzhaft sein muss? Wieso kann ich nicht noch mit 60 Jahren meinem Lauftraining nachgehen und 4x die Woche schmerzfrei trainieren? Lies hier zu diesem Thema meinen Blogbeitrag: Gelenkschmerzen sind im Alter normal – oder doch nicht?
Ich kann mich an eine Aussage meiner Yoga und Spiraldynamik Lehrerin Claudia Guggenbühl erinnern: «Mein Ziel ist es mit 70 Jahren immer noch aufrecht zu gehen». Ich dachte mir nur so: «ah, das geht?». Auch für mich war es noch bis vor ein paar Jahren völlig normal, dass Leute mit steigendem Alter einen leichten Buckel bekommen und auch eher in sich zusammenfallen. Diese Aussage eröffnete mir einen neuen Horizont!
Irgendwie kann ich das Desinteresse der Leute gegenüber ihrer körperlichen Verfassung aber auch verstehen. Die Beweglichkeit nimmt ja schliesslich nicht von heute auf morgen ab. Sie verlässt den Körper schleichend und schier unauffällig. Man hat also genügend Zeit sich an das neue (negative) Körpergefühl zu gewöhnen und nimmt es dann als gegeben an. Man erinnert sich womöglich nicht einmal mehr an früher, wo man noch beweglicher und allenfalls schmerzfreier gewesen war.
Nichts desto trotz bleibt es für mich eine typische Ausrede, nichts an seinem Leiden ändern zu müssen und aktiv zu werden.
Bequemlichkeit und fehlender Leidensdruck
Ich kenne es von mir selber nur zu gut: solange es nur ein kleines Ziehen in der Muskulatur ist oder ein dumpfes Klemmen im Schultergelenk muss ich noch nichts unternehmen. Es ist ja noch auszuhalten und ich kann weiter trainieren wie bisher! Wenn ich nicht trainiere spüre ich den Schmerz nicht, also ist auch nichts. Und vielleicht geht es ja auch von alleine wieder weg? 🙂
Würde ich einen Arzt aufsuchen, müsste ich mich womöglich zahlreichen Untersuchungen hingeben wobei er wahrscheinlich sowieso nichts findet. Auf eine Verschreibung beim Physio habe ich ebenfalls keine Lust. Das ist wieder zeitaufwändig und je nach dem kostet es mich zu viel!
Ich kann mir gut vorstellen, dass genau darum viele erst bei grossen Schmerzen zum Arzt gehen und sich das mal anschauen lassen. Erst wenn das Schultergelenk so schmerzt, dass man den Arm kaum mehr heben kann. Erst wenn man humpelnd aus dem Bett steigt und nicht mehr auf seinem linken Bein abstehen kann. Hätten sie früher gehandelt, hätte sich das Gelenk nicht so fest abgenutzt oder entzündet und man hätte die Fehlhaltung schon früh beheben können. Bei Schmerzen gibt es oft auch Abnutzungserscheinungen im Gelenk. Ab einem bestimmten Grad der Abnutzung kommt man an einer Operation nicht mehr vorbei. Das ist meist dann, wenn die Schmerzen unausstehlich geworden sind.
Passive Symptombekämpfung
Leidet man unter Verspannungen ist es gang und gäbe, dass man sich eine Massage bucht und sich mal wieder so richtig durchkneten lässt. Langfristige Ergebnisse liefert das aber nicht und ist nur eine passive Symptombekämpfung, die mich oder die Krankenkasse haufenweise Geld kostet.
Wie wäre es mit Dehnungsübungen und Mobility-Training?
Da winken viele ab. Da müsste man ja selbst etwas machen. Manchmal habe ich den Eindruck die Leute sind zu faul, aktiv etwas für ihr Wohlbefinden zu tun. Sie bezahlen lieber jemand anderen, der das alles für sie regelt. Für mich sieht es so aus, als wollten sie die Verantwortung für ihre Gesundheit abgeben.
Hinzu kommt, dass man alle Signale, die der Körper einem sendet (Kopfschmerzen, Verspannungen…) mit irgendwelchen Schmerzmitteln betäubt, anstatt sich auf die Suche der Ursache zu machen.
Wieso lernt man das nicht in der Schule?
Was mich bei diesem Thema am meisten stört ist, dass man sich das Wissen über die Funktion des eigenen Körpers mühsam zusammensuchen und auf eigene Kosten experimentieren muss. Die Medizin ist weit fortgeschritten, aber bei Unbeweglichkeit, muskulären Dysbalancen und den damit zusammenhängenden Abnutzungserscheinungen und Schmerzen konsultiere ich lieber keinen Arzt. Der will mich im schlimmsten Falle gleich operieren.
Es wäre so einfach! Ich lerne in der Schule oder auch in meinem Sportverein,
- was meine Gelenke können müssen, damit sie sich schmerzfrei bewegen können.
- die Vor- und Nachteile des Sitzens (was heute ja auch an der Oberfläche mitgeteilt wird) und auch Dehnungsübungen, um diese Sitzhaltung auszugleichen.
- was Fehlhaltungen sind und wie sich muskuläre Dysbalancen auf den Körper auswirken.
Im Turnunterricht oder im Turnverein werden mir Mobility-Blöcke unterrichtet, damit ich spüre, wie beweglich ich eigentlich sein kann und wie es sich anfühlt. Mir wird klar gemacht, dass Vorbeugen besser ist als in 20 Jahren alle Schmerzbereiche mühsam zu behandeln (ja ich weiss, als Teenie wäre mir das auch egal gewesen…).
Ich werde unterrichtet, wie schädlich herkömmliche Schuhe für meine Füsse sind und was das alles für Auswirkungen auf meine Beine und den ganzen Körper haben kann. Mir wird bewusst gemacht, dass ich durch eine korrekte Beinachse viele künftige Abnutzungserscheinungen und Schmerzen in Hüfte, Knie und Füssen vermeiden kann.
Von diesem Wissen könnten sportliche wie auch unsportliche Kinder & Jugendliche sehr profitieren und könnten das Gelernte ihr Leben lang anwenden (nicht wie vieles, das in der Schule einmal gelernt und später nie mehr gebraucht wird…).
Schmerzen, Verspannungen, Verletzungen und Abnutzungserscheinungen würden nur noch höchst selten auftreten und jeder/jede könnte sich bis ins hohe Alter schmerz- und verletzungsfrei bewegen.
Was können wir also tun?
Diese Unwissenheit über den eigenen Körper und seine Funktionalität sind meines Erachtens das Hauptproblem. Mangelnde Bewegung und/oder einen Körper, der aus dem Lot geraten ist lassen unsere Krankenkassenprämien in die Höhe schiessen. Das muss nicht sein!
Körperwissen aneignen und Körperwahrnehmung steigern
Manch einer weiss mehr über die Funktionalitäten seines PC’s als über seinen eigenen Körper. Ich sage nicht, dass du ein Medizinstudium absolvieren musst. Es reicht durchaus seinen Körper gut wahrnehmen zu können und zu wissen welche Kompensationsmuster du hast. Kennst du zusätzlich noch die Zusammenhänge im Körper, wird schnell klar, wieso du an gewissen Stellen Schmerzen hast und du weisst auch gleich, woran du arbeiten musst.
Suche dir jemanden, der dich unterstützt
Es ist wahrscheinlich wie mit der gesunden Ernährung. Man weiss, wie es geht, hat aber trotzdem Mühe mit der Umsetzung. Wenn du weisst, dass du eher weniger diszipliniert bist, suche dir jemanden, der dich dabei unterstütz, dir deine Körperwahrnehmung anzueignen. Meine Mobility-Lektion, aber auch Einheiten mit Spiraldynamik-Inputs oder Yoga sind dafür sehr empfehlenswert. Aber auch Physiotherapeuten oder andere Therapeuten können dich in deinem Körperwissen unterstützen. Solange du anfängst dich mit deinem Körper zu beschäftigen, gehst du in die richtige Richtung.
Finde die Ursache
Bei Verspannungen oder Schmerzen spüre in dich hinein und nimm den Körper wahr. Wie stehst du da? Was hast du heute oder die letzten Tage gemacht? Hast du etwas anders gemacht als sonst? Was könnte die Ursache deiner Schmerzen sein? Hast du Verspannungen, weil du dich im Trainings zu sehr gefordert hast? Bist du vermehrt Stress ausgesetzt? Was kannst du tun, um diesen zu verringern? Wir haben es oft selbst in der Hand. Wenn du dir deinen körperlichen Signalen bewusst wirst, kannst du darauf Einfluss nehmen auch wenn es bedeutet, mal einen Gang zurück zu schalten!
Präventiv handeln
Meist ist es einfacher, wenn man präventiv handelt und so Krankheiten oder auch Schmerzen im Körper vermeiden kann. Die oben genannten Punkte ermächtigen dich dazu, vorausschauend zu sein und so Unwohlsein am/im eigenen Körper frühzeitig zu erkennen, noch bevor du beim Chirurgen unter dem Messer liegst. Der Körper ist schlau und kommuniziert mit dir, wenn etwas nicht mehr so läuft wie es sollte! Wir müssen nur wieder lernen hinzuhören.
Mein Fazit: es lohnt sich den Körper und die Bewegung zu verstehen!
Auch ich war dauer-verspannt und habe es sehr lange hingenommen. Wenn man sich aber mal ein wenig mit seinen Themen beschäftigt, wird einem klar, dass es für vieles eine Lösung gibt. Ja, sie wird einem nicht geschenkt, denn man muss selbst etwas dafür tun und ja, es dauert oft auch länger, bis sich Ergebnisse sehen lassen.
Aber es lohnt sich! Es gibt dir ein gutes Gefühl, selbstbestimmt zu handeln und für dein Leben und deine Gesundheit selbst verantwortlich zu sein.
Wieso soll ich nicht alles mögliche versuchen, um mich wohl in meinem Körper zu fühlen, sodass dieser auch anatomisch korrekt funktionieren kann? Wieso soll ich nicht an meiner Beweglichkeit arbeiten, damit ich noch lange meine Sportart ausführen kann und bis ins hohe Alter gesund und fit bin?
Um die Worte meines Mannes noch einmal aufzugreifen: Wenn es so einfach wäre, dann wären ja alle blöd, die kein Mobility-Training machen, den Körper korrekt ausrichten und so Abnutzungserscheinungen, spätere Folgeschäden und Schmerzen in den Gelenken vorbeugen würden!
Ja, sind sie…
Fotocredit Titelbild: Lorena Humbel